Istvan „Stefan“ Vaessen: „KTSV in zwei, drei Jahren erstklassig“

Seit Juni ist Istvan „Stefan“ Vaessen Präsident der KTSV Eupen. Seit der Trennung von Jean-Christophe Hougardy Anfang Dezember übt der 39-Jährige auch das Traineramt beim Handball-Zweitdivisionär aus. Was nur für eine kurze Zeit angedacht war, entwickelte sich als Lösung bis zum Saisonende. Warum sich die Suche nach einem Nachfolger als so schwierig gestaltet, welches Profil der Neue erfüllen soll und wie er eine mögliche Zusammenarbeit mit dem HC Eynatten-Raeren sieht, verriet Vaessen im GE-Gespräch.

Von Heinz Gensterblum

Sie sind in Personalunion Präsident und Trainer der ersten Mannschaft: Wie lange wollen Sie sich diese Doppelbelastung neben Beruf und Familie noch antun?

Allerhöchstens bis zum Ende der Saison. Definitiv. Die Trennung von unserem Trainer war keine schöne Angelegenheit, aber eine, die wir vollziehen mussten, da das Verhältnis zwischen Mannschaft und Trainer zerrüttet war. Wir befanden uns kurz vor der Winterpause und wollten mit einem neuen Trainer starten. Dann haben wir nach Alternativen gesucht und nach einem Gespräch mit der Mannschaft kristallisierte sich heraus, dass ich es einige Wochen machen soll, bis dass wir den richtigen Trainer gefunden haben. So war der ursprüngliche Plan.

Was hat in der Zusammenarbeit mit Jean-Christophe Hougardy nicht funktioniert?

Es war weniger das Handballerische. Er hatte zwar eine völlig komplett andere Idee vom Handball als ich sie habe, aber das war nicht ausschlaggebend. Diese andere Ansicht muss man respektieren, weil jeder Trainer seine eigene Vision hat, aber irgendwo haben die Mentalitäten nicht zueinander gefunden.

War er vielleicht zu fordernd: Er, der mit professionellem Anspruch antrat, und auf der anderen Seite Freizeithandballer, die für ihr Hobby noch bezahlen müssen?

Nein, das war es nicht. Es war ja auch nicht alles schlecht. Er hat in der Vorbereitung bis zu sieben Mal die Woche trainieren lassen. Die Anwesenheitsquote lag bei 88 Prozent, was für eine Mannschaft nicht schlecht ist, in der sich Studenten und Berufstätige befinden und die ohne Entgelt ihrem Hobby nachgehen. Am Anfang hat alles gut funktioniert. Es herrschte sogar Begeisterung, weil endlich einer von außerhalb des Vereins kam. Es ist in meinen Augen wichtig, dass wir auch in Eupen Einflüsse von außen bekommen. Es hat sich dann aber herausgestellt, dass der Umgang miteinander und vor allem das Thema Vertrauen nicht funktionierte.

Glauben Sie nach der gemachten Erfahrung, dass die Mannschaft einen Trainer benötigt, den sie kennt und der im besten Fall aus den eigenen KTSV-Reihen kommt?

Ich weiß heute nicht, wer es wird. Wir haben in den letzten zehn Jahren gute Trainer gehabt, die aber immer von innen kamen. Wir brauchen vielleicht noch mal einen, der eine andere Sicht auf den Handball hat.

Weshalb entpuppt sich die Suche als so schwierig?

Für uns gibt es drei wichtige Komponenten. Wir brauchen einen guten Trainer, wir brauchen einen guten Coach und wir brauchen einen, der gut führt. Es ist praktisch unmöglich, jemanden zu finden, der in allen drei Bereichen top ist. Am Ende des Tages muss er aber die drei Komponenten erfüllen. Aufgrund der jüngsten Erfahrung bin ich ein wenig zwiegespalten. Einen völlig Unbekannten werden wir daher nicht holen. Ich möchte kein weiteres Mal eine negative Erfahrung machen. Wir wollen uns keinen zweiten Fehltritt leisten. Ich beschäftige mich jeden Tag mit der Frage, wer am besten zu uns passen könnte.

Wie sehr sind Sie mit der Entwicklung der Mannschaft in den letzten Wochen zufrieden? Wo haben Sie den Hebel angesetzt?

Das Thema Führung und den Umgang mit den Jungs habe ich zunächst in den Mittelpunkt gerückt. Wir haben eine sehr junge Truppe, die Handball spielen kann. Davon sind wir überzeugt, weil sie es längst bewiesen hat. Alle haben eine sehr gute Ausbildung genossen. Doch musste ich handballerisch einige Blockaden lösen. Ich habe viele Gespräche geführt und ihnen ein Mitsprache- bzw. Mitgestaltungsrecht eingeräumt. Am Ende trage ich natürlich die Verantwortung und treffe die Entscheidungen. Somit sind sie aber motivierter und bringen bessere Leistungen. Bei den Heimspielen zeigen sie das auch. Auswärts tun wir uns schwer. Wir sind aber in keinem einzigen Spiel abgeschlachtet worden, aber sechs Spiele haben wir mit einem Tor Unterschied verloren, was zum Teil auch dem jungen Alter geschuldet ist. Unser Projekt sieht ja nicht vor, dass wir in diesem Jahr auf Biegen und Brechen aufsteigen. Auf gar keinen Fall. Wir müssen uns einfach weiterentwickeln. Die Mannschaft hat ein riesiges Potenzial.

Was gilt es jetzt noch zu verbessern, bevor ein neuer Mann das Ruder übernimmt?

Wir arbeiten vor allem an unserem Angriffsspiel. In der Abwehr haben wir uns in den letzten Wochen stabilisiert und spielen guten Handball, so wie ich ihn mir vorstelle. Aber im Angriffsspiel haben wir unsere Problemchen. Wir müssen mehr Ruhe und Ordnung hineinbekommen. Wir müssen strukturiert, aber nicht zu kompliziert agieren.

Die Meisterschaft ist noch elf Spieltage lang: Wie würden Sie die Zielsetzung definieren?

Wir wollen jedes Spiel gewinnen und schauen daher von Woche zu Woche. Das erste Ziel ist, zu Hause kein Spiel mehr verlieren zu wollen. Wir treten am Stockbergerweg inzwischen mit dem erforderlichen Selbstbewusstsein auf, sind lauffreudig und versuchen, attraktiven Handball zu spielen. Damit sind wir erfolgreich. Auswärts müssen wir uns um eine größere Ausbeute bemühen. Die Ziele, die wir uns der Saison gesteckt haben, gilt auch heute noch. Wir wollen Dritter oder Vierter werden.

Ist die 1. Division mittelfristig ein Thema für Sie?

Ja, definitiv. Ich bin im Juni 2016 mit einer Vision für drei Jahre angetreten und diese sieht auch den Aufstieg in die 1. Division vor. Eupen gehört einfach in die erste Liga, allein schon des Derbys gegen Eynatten wegen. Da gehört aber mehr dazu, als drei Söldner zu verpflichten, die dafür Sorge tragen, dass wir aufsteigen. Wir benötigen einen vernünftigen Unterbau, für den wir zwei, drei Jahre brauchen, weil wir es mit den eigenen Leuten schaffen wollen. Ich will aber nicht ausschließen, dass wir mal einen Spieler verpflichten. Dabei gilt es auch, die Themen Finanzen und Infrastruktur zu ordnen. Wir sind auf einem guten Weg, dass der ganze Verein in zwei, drei Jahren erstklassig ist.

Wie geht es der KTSV Anfang 2017?

Dem Verein geht es sehr gut. Wir haben 180 Mitglieder. In jedes Mitglied investieren wir bis zu 400 Euro pro Jahr. Langfristig soll es mehr werden. Wir haben in diesem Jahr zwei zusätzliche Mannschaften im weiblichen Bereich angemeldet und zusammen mit der AS eine Ballsportgruppe gegründet, die sehr viel Freude bereitet und erfolgreich ist.

Die Damen belegen den vorletzten Platz in der 2. Division. Ist für sie der Klassenerhalt das einzige Ziel?

So ist es. Vor der Saison bin ich davon ausgegangen, dass dies unser schwierigstes Projekt ist. Wir treten mit einer hochtalentierten, aber sehr jungen Mannschaft an. Wir sind diesen Weg gegangen, wohlwissend, dass es eine sehr schwierige Kiste werden würde. Wenn wir dieses Jahr sportlich überleben, wäre dies eine tolle Sache, aber auch der Abstieg wäre kein Drama. Wir haben eine gute Basis, von der wir in einigen Jahren profitieren werden.

Guido Lausberg, seines Zeichens Präsident des Handball-Erstligisten HC Eynatten-Raeren, hat kürzlich unserer Zeitung gesagt, dass eine Zusammenarbeit mit der KTSV Eupen über kurz oder lang erforderlich ist. Wie sehen Sie das?

Ich könnte mir sehr gut ein gemeinsames Projekt vorstellen. Das, was wir mit der Ballsportgruppe zusammen mit der AS machen, könnte ich mir mit dem HC Eynatten-Raeren sehr gut im Jugendbereich vorstellen. Ich sehe, dass die Spieler, die in den Seniorenbereich wechseln, zum Teil noch große körperliche Defizite haben. Hier könnte man ein gemeinsames Projekt entwickeln. Das wäre schon mal ein erster Schritt. Man muss ja nichts übers Knie brechen, kann aber mal eine Sache gemeinsam machen und schauen, wie sich das Ganze entwickelt.

Heute Abend (20.15 Uhr) heißt der Gegner Sasja. Dieser hat fünf Punkte weniger in der Tabelle. Ist alles andere als ein Heimsieg eine Enttäuschung?

Man weiß nie, mit welcher Mannschaft Sasja auftaucht. Sasja ist ein großer Verein, dessen zweite Mannschaft bei uns spielt. Sind Spieler aus der BeNeLeague dabei oder nicht? Das Spiel ist noch lange nicht gewonnen. Wir müssen 100 Prozent bringen und dürfen nicht nachlassen. In dieser ausgeglichenen Serie kann jeder jeden schlagen.

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