von Tim Fatzaun
Sid Hartel rappelte sich auf, breitete die Arme aus und stand wie ein Fels vor dem Kortrijker Sechsmeterraum. Dann ertönte die Sirene, und Hartel wurde zum Zentrum der Eupener Jubeltraube. Im Fallen hatte der Kreisläufer gerade den Siegtreffer zum 31:30 geworfen und der KTSV damit doch noch den Kopf aus der Schlinge gezogen.

Sid Hartel (Nr. 92) mit dem Tor zum 31-30 in letzter Sekunde (Foto: David Hagemann)
Die KTSV Eupen hat eine weitere (neue?) Qualität unter Beweis gestellt: Seit Samstagabend kann sie auch die engen, spannenden – und auch schlechten – Spiele am Ende für sich entscheiden. Das 31:30 gegen Apolloon Kortrijk fiel dabei in letzter Sekunde. „Da war aber mehr Glück als Verstand dabei, der hätte genauso gut drüber gehen können“, schmunzelte Hartel nach Abpfiff. Zum ersten Mal musste der Aufsteiger bis zur buchstäblich letzten Sekunde zittern, um den nächsten Sieg unter Dach und Fach zu bringen. „Heute zählen nur die zwei Punkte“, war der meist gesagte Satz unter Fans und Spielern. Auch beim Siegtorschützen: „Wir haben uns ziemlich schwergetan und nicht so gut gespielt wie sonst. Im Endeffekt sind zwei Punkte aber zwei Punkte. Deshalb: abhaken und weitermachen.“
Als Jérôme Majean, Damian Kedziora und Hartel die KTSV nach vier Minuten mit 3:0 in Front warfen, und Mark Leckebusch hinten seinen Kasten sauber hielt, sah noch vieles nach einem weiteren lockeren Spaziergang aus. Doch dann meldeten sich auch die Gäste in der Partie an und zeigten den Eupenern einige ihrer Schwächen auf. Wie zum Beispiel das Verteidigen der sogenannten einfachen Tore und zeitweise auch die Chancenverwertung. So entwickelte sich ab dem 4:4-Ausgleich (7.) eine enge und hitzige Begegnung, in der es bis zum Ende der ersten Halbzeit dauerte, bis sich Eupen mal wieder etwas absetzen konnte (17:11, 28.). „Wir haben von Anfang an nicht zu 100 Prozent unser Potenzial abgerufen, dann läuft es natürlich nicht. Der Gegner hat sich sehr gut auf uns eingestellt. Das Tempo war bei uns da, aber leider auch bei Kortrijk. So haben wir gesehen, dass auch wir Probleme bekommen können“, so KTSV-Trainer David Polfliet, dessen Sieben mit einem 18:14 in die Pause ging, diesen Vorteil aber nach Wiederanpfiff komplett abgab.

Stijn Joosten war bei einer insgesamt schwachen KTSV Eupen mit der beste Mann. (Foto: David Hagemann)
Erst nach sieben Minuten erzielte Majean wie schon in der ersten Halbzeit den ersten Eupener Treffer – kurz zuvor hatte Kortrijk ausgeglichen. „Den Beginn der zweiten Halbzeit haben wir richtig verpennt. Auf einmal war Kortrijk wieder da. So kann das laufen. Da muss man dann eine klare Linie beibehalten, was bei uns nicht der Fall war“, gab Hartel zu. Hätte es hier vielleicht neuer Impulse von der Bank bedurft? Von dort, wo beispielsweise Ken Kriescher und Mikka Förster die gesamten 60 Minuten über vergeblich auf einen Einsatz warteten. Leckebusch war im Tor ebenfalls nicht der gewohnt sichere Rückhalt und wurde erst spät durch Brian Dormann ersetzt.
In einem Duell, das zeitweise auch dank insgesamt 14 Zeitstrafen (9:5) und einer Roten Karte gegen Jan Steemhoudt wenig mit Handball zu tun hatte, wäre eine Punkteteilung wohl gerecht gewesen. Doch nach ständigen Ein-Tore-Führungen und Ausgleichen hatte die KTSV mit Sid Hartel eben noch ein letztes Ass im Ärmel. „Wir hatten das Glück, in den letzten 20 Sekunden im Angriff zu sein. Für denselben Preis hätte Kortrijk das letzte Tor erzielen können. Im Endeffekt hat Sid das direkt mit der Schlusssirene perfekt gemacht. Auch die schlechten Spiele musst du gewinnen, nur so kommen wir weiter nach oben“, sagte Polfliet.
In Tournai muss Eupen nun auf Dennis Vlijm verzichten, der sich wegen Meckerns nach Abpfiff noch die Blaue Karte abholte.
KTSV Eupen: Mark Leckebusch, Brian Dormann – Philippe Cnyrim (3), David Denert (1), Stef Eggen, Mikka Förster, Sid Hartel (6), Stijn Joosten (5), Damian Kedziora (10), Ken Kriescher, Jérôme Majean (2), Thomas Mormont, Kim Schroeder (2), Dennis Vlijm (2)