Zu Derbys zwischen der KTSV Eupen und dem HC Eynatten-Raeren kam es vor vielen Jahren alle paar Monate, doch seit 2011 sind sie eine Rarität geworden. In den letzten zehn Jahren gab es lediglich ein Pokalspiel – ein Grund mehr für die Fans der beiden Lager, sich auf den Anwurf am Samstag (20.15 Uhr) zu freuen. (von Philipp Gouders)

Thomas Verjans im damaligen Derby gegen Eynatten-Raeren (Foto: Bernd Rosskamp)
Ein Blick in die Geschichtsbücher lässt dabei die Herzen einiger HCER-Sympathisanten höher schlagen: Von den letzten elf Aufeinandertreffen der beiden Traditionsklubs gewann die KTSV lediglich eines (17. Mai 2009 mit 29:26). Seitdem ist viel passiert, es wurden Auf- und Abstiege gefeiert, Spieler kamen und gingen. Aus dem letzten Erstligaduell sind mit Damian Kedziora, Kim Schroeder (beide damals HCER) und David Denert lediglich drei Spieler übrig geblieben, die voraussichtlich auch morgen für die Eupener Mannschaft auf der Platte stehen werden.
Mit Kedziora steht im Eupener Team ein ehemaliger belgischer Nationalspieler mit mächtig viel Erfahrung auf dem Platz. So weiß er auch, mit Derbygefühlen umzugehen. „Ich glaube, man muss es ausblenden. Wenn man die ganze Woche nur ‚Derby hier, Derby da‘ denkt, macht es einen verrückt. Wir müssen uns einfach auf die normalen Aufgaben, die in jedem Spiel auf einen zukommen, konzentrieren.“
Bei beiden Trainern herrschte unter der Woche ein gemeinsamer Tenor: Es ist am Ende nur ein ganz normales Spiel. „Nur mit dem Unterschied, dass eine geilere Stimmung herrscht als üblich. Jeder weiß, dass es laut sein wird und sich die Stimmung auch gegen uns wenden kann. Ich gebe meinen Mannen mit auf den Weg, das Spiel zu genießen,“ blickte HCER-Trainer Bruno Thevissen auf das Derby.
Thevissen: „Dass meine Mannschaft weniger Qualität hat, dem widerspreche ich.“
Beide Mannschaften starteten mit zwei Punkten in die Saison: Während Eupen in Gent deutlich mit 40:21 gewann, schlug der HCER Merksem mit 29:25 und knabberte dabei noch an seiner Chancenverwertung. Während Thevissen meint, „dass das Derby ein wenig zu früh kommt, weil sich beide Mannschaften noch nicht im perfekten Rhythmus befinden“, merkt Eupens Linksaußen, Damian Kedziora, an, dass die Weserstädter noch nicht bei ihrer Leistungsgrenze angelangt sind: „Wir sind lange noch nicht an unserem Maximallevel. Aber wir nähern uns dem Ziel mit den richtigen Schritten.“
Für HCER-Coach Thevissen ist Damian Kedziora indes „der beste Linksaußen Belgiens.“ Lobesworte, die Kedziora einzuordnen weiß: „Ich bin nicht der Einzige, der hier spielt, sondern habe eine Mannschaft um mich herum. Jeder hat seine Rolle im Team. Die Komplimente sind schön, und ich nehme sie auch gerne an, aber ich weiß auch, was ich dafür getan habe.“
Vor einem Derby – egal zu welchem Zeitpunkt es stattfindet – muss die Favoritenrolle besprochen und angesprochen werden. Wo liegen welche Stärken einer Mannschaft? Wer müsste auf dem Papier das Spiel gewinnen? Während Eupens Trainer David Polfliet jeglichen Favoritenstatus ablehnt („Wer welche Rolle einnimmt, kann man nach sechs, sieben Spielen sehen – aber nicht so früh in der Saison.“), gibt man sie im Lager von Eynatten-Raeren gerne ab: „Eupen hat durch die eigenen Aussagen über die Qualität des Kaders die Favoritenrolle schon an sich genommen. Aber das sollen sie gerne machen, und können es am Samstag beweisen. Am Ende ist es ein normales Meisterschaftsspiel mit Derbycharakter. Für Eupen ist es nach den ganzen Jahren der Abwesenheit ein Riesenspiel,“ so Thevissen.
Auch die Aussage, dass seine Mannschaft qualitativ „unterbesetzter“ sei, winkt der Handballlehrer ab: „Ich sehe es nicht so, dass Eupen die besser besetzte Mannschaft hätte. Eupen hat einen Topstar, Damian Kedziora. Die anderen Spieler haben mit Sicherheit auch eine Menge Qualität, aber dass meine Mannschaft weniger Qualität hat, dem widerspreche ich. Der Verein ist stolz darauf, fast 25 Jahre ununterbrochen in der 1. Division zu spielen. Und jetzt sind wir froh, dass Eupen nach zehn Jahren nachziehen konnte und wieder oben dabei ist. Für die Region und für die Derbykultur ist das wichtig.“
Die Eupener bereiteten sich unter anderem mit Videomaterial auf die Begegnung vor: „Sie spielen sehr unorthodox, mit einer hohen Abwehr. Auch in Unterzahl agieren sie anders, als man es gewohnt ist. In der jetzigen Phase über Stärken und Schwächen zu sprechen, ist schwierig. Das kann man nach ein paar Spieltagen machen.“

Noah Bartholemy im Dress des HC Eynatten-Raeren (Foto: GE)
Noah Bartholemy: „Wir haben keine Angst“
Noah Bartholemy bestreitet für Eynatten-Raeren am Samstag sein erstes Derby gegen Eupen. Umso größer ist die Vorfreude beim 21-Jährigen: „Für alle Spieler ist diese Partie etwas Besonderes. Vor allem für diejenigen, die schon in ihrer Jugend in Eynatten-Raeren gespielt haben. Und auch, weil endlich mal sehr viel Publikum mit vielen bekannten Gesichtern und Freunden da sein wird.“
Wie wahrscheinlich bei vielen Akteuren, wird es auch beim HCER-Rückraumspieler im Magen bzw. in den Händen kribbeln. „Ich denke, die Nervosität wird ein, zwei Tage vorher kommen. Aber wenn man sich am Samstag einmal das Trikot übergestreift hat und sich aufwärmt, ist alles wieder vergessen.“
Beim Thema Gegnerstärke hat Bartholemy eine klare Meinung: „Eupen hat eine sehr starke Mannschaft. Am letzten Resultat (40:21 gegen Gent, A. d. R.) hat man gesehen, dass sie gut drauf sind. Ich denke aber nicht, dass wir Angst haben sollten. Wir sind seit vielen Jahren eine gestandene Mannschaft in der 1. Division, somit denke ich nicht, dass wir unterlegen sind.“

Kim Schroeder in der Bildmitte aus der Saison 2019-2020 ( Foto: Bernd Rosskamp)
Kim Schroeder: „Das Derby bedeutet mir sehr viel“
Mit Kim Schroeder steht am Samstag ein Spieler auf dem Platz, der sich auch beim letzten Aufeinandertreffen zwischen Eynatten-Raeren und Eupen in der 1. Division auf dem Spielfeld wiederfand. Im Jahre 2011 trug Schroeder im Gegensatz zu heute jedoch das Trikot des HC Eynatten-Raeren. Dementsprechend hat das Derby beim 27-Jährigen einen großen Stellenwert: „Das Spiel bedeutet mir viel. Die gesamte Mannschaft brennt. Der Verein hat alles dafür getan, dass Zuschauer in die Halle dürfen, und wir wollen das Spiel auf jeden Fall gewinnen.“
Kim Schroeder, der vor der Fusion zwischen dem HC Raeren und dem HC Eynatten, das Raerener Trikot trug, weiß, worauf es beim Derby ankommt. „In unserer Abwehr wird der Knackpunkt liegen. Wenn wir die beiden stärksten Spieler von Eynatten-Raeren, Benoît Neuville und Eric Vreven, aus dem Spiel nehmen können, bekommt es der Rest auch schwer, sich in Bewegung zu bringen. Wir haben am Sonntag das Spiel von Eynatten-Raeren gegen Merksem geschaut, so konnte sich jeder seine Gedanken machen. Sicherlich haben wir uns ein wenig Material über den HCER angeschaut, aber am Ende müssen wir uns trotzdem mehr mit dem eigenen Spiel beschäftigen als mit dem des Gegners.“
Wurde der Derbysieg nachd der Rückkehr in die 1. Division intern als Saisonziel ausgerufen? „Es wird natürlich alles daran gesetzt, den Sieg zu holen. Der Vorstand, die Trainer, die Mannschaft – alle geben ihren Teil für die perfekte Ausgangslage. Es ist kein wirkliches Saisonziel, das Derby zu gewinnen, aber es wird natürlich alles daran gesetzt.