von Tim Fatzaun
Als Philipp Reinertz während einer Auszeit in der 45. Minute von seinen Eupenerinnen forderte, „all in“ zu gehen, war es schon zu spät. Fémina Visé lag bereits zu weit vorne, um die Niederlage abzuwenden. Die KTSV unterlag dem Titelfavoriten mit 27:34, nahm dennoch wichtige Erkenntnisse für die Zukunft mit.

Gella Förster und ihre Mitspielerinnen boten, wie gegen Sint-Truiden, dem Gegner aus Visé Paroli (Foto: Bernd Rosskamp)
Für die zweite Niederlage am dritten Spieltag der Play-offs gab es zwei Gründe. Die unglaubliche Torflaute zu Beginn der zweiten Halbzeit und die Cleverness eines großen Favoriten, der eine zwischenzeitliche personelle Schwächephase des Gegners eiskalt ausnutzte. Eupen war nach einer teils grandiosen ersten Hälfte mit einem 16:16 in die Pause gegangen, warf in der Viertelstunde nach Wiederanpfiff jedoch nur ein einziges Tor – durch Lynn Buerschaper, die kurz darauf eine Zeitstrafe absitzen musste, während Lauranne Beckers am Knie verletzt behandelt wurde. „Der Start in die zweite Halbzeit war der Knackpunkt“, erkannte KTSV-Trainer Philipp Reinertz: „Wir kämpften uns zurück, kassierten dann aber die fragwürdige Zeitstrafe. Da ist unser Faden gerissen, diese zwei Minuten haben uns das Genick gebrochen und das Spiel entschieden.“
Die positive Lehre, die Reinertz und seine Spielerinnen aus diesem Samstagabend ziehen können, ist, dass der Überraschungssieg gegen Sint-Truiden (28:27) zum Auftakt in die Endrunde eigentlich weder eine Überraschung, noch eine Eintagsfliege war. „Am Ende haben wir zwar mit zwei, drei Toren Unterschied zu viel verloren, aber unsere Aufgabe erfüllt. Visé hat hier alles auspacken und immer wieder Dinge verbessern müssen. Und das ist das, was wir vor den Play-offs gesagt haben: Wer in Eupen spielt, soll alles in die Waagschale werfen müssen, wenn er mit zwei Punkten nach Hause fahren möchte.“ Das traf diesmal vor allem in der ersten Halbzeit zu, die einen ebenso behäbigen Start nahm wie später die zweite. Nach fünf Minuten war auf beiden Seiten erst je ein Tor gefallen, da Visés Torfrau Marina Piccoli eine Parade nach der anderen zeigte, und sich ihre Vorderleute am griffigen Eupener Block die Zähne ausbissen. Dann erarbeitete sich Visé einen ersten kleinen Vorsprung (6:3), ehe Kaye Kriescher binnen weniger Sekunden selbst traf, den Gegenangriff abfing und Gella Försters Anschlusstreffer auf den Weg brachte (5:6, 11.). Förster erzielte mit dem 10:9 auch die erste KTSV-Führung seit dem Spielbeginn (18.). Pech für Eupen, dass Katerina Matzaris letzter Wurf nur Millisekunden nach der Pausensirene folgte und sie ihren Ex-Klub nicht mit einem Rückstand in die Kabinen schickte.

Am Samstag noch Gegnerinnen, in einem halben Jahr Kolleginnen: Mara Fischer (im Tor) und Céline Clermont.
„Mit dieser Halbzeit können wir wirklich gut leben. Wir haben zwar ein paar Tore zu viel kassiert, aber ansonsten ist alles aufgegangen, was wir besprochen hatten. Das war nah am Maximum, was wir als Team und individuell zu leisten imstande sind“, lobte Reinertz, dessen Sieben dann aber den Kontakt zu den Gästen verlor: „Visé hat in der zweiten Halbzeit klar gezeigt, dass es das stärkste Team des Landes ist. Wir haben aber festgestellt, dass uns bis zu ihnen gar nicht mehr so viel fehlt. Es sind vielmehr die Details – die Erfahrung in manchen Momenten und ein bisschen mehr Power in den Würfen –, die den kleinen, aber feinen Unterschied ausmachen.“ Näher als drei Tore kam Eupen nicht mehr heran und bleibt in der Tabelle damit auf Rang fünf stehen, während sich Visé mit einem Punkt vor Sint-Truiden auf Meisterkurs befindet.
Von einem Druckabfall nach dem Erreichen der Play-offs verspürt Reinertz indes nichts: „Im August hatten wir die Play-offs als Ziel formuliert. Da wir so überzeugt waren, dass wir das schaffen, haben wir uns direkt ein zweites Ziel gesetzt, das wir aber intern halten. Wir haben also eine genaue Vorstellung dessen, wo wir enden wollen. Und wenn ich mir das Spiel gegen Visé anschaue, sind wir auf einem guten Wege dahin.“
Für die KTSV Eupen spielten und trafen: Mara Fischer, Paule Portier – Lauranne Beckers (7), Lynn Buerschaper (6), Chelsea Buttau (1), Gella Förster (4), Marie Kever, Kaye Kriescher (7), Juliette Maes (1), Katerina Matzaris (1), Jodie Nüchtern, Pauline Pötgen, Louise Rouselle, Luisa Werner