Vom Resultat her verloren, aber spielerisch einen gefühlten Sieg eingefahren: Die Damen der KTSV Eupen haben als Underdog gegen den amtierenden Meister Sint-Truiden gleich am ersten Spieltag bewiesen, dass sie auch gegen die großen Namen der 1. Division mithalten können. Daran konnte selbst die 29:26-Niederlage nichts ändern.
Am Ende setzte sich dann doch die Erfahrung und die individuelle Klasse der Gäste durch. Schließlich standen die Eupenerinnen niemand Geringerem als dem Titelverteidiger aus Sint-Truiden gegenüber, doch dass sie dem Gegner nachhaltig Paroli geboten hatten, sollte trotzdem für ordentlich Selbstvertrauen sorgen – gerade vor dem nächsten Spiel gegen Fémina Visé, einem weiteren Meisterschaftsaspiranten.

„Wir haben zum ersten Mal gesehen, wo wir im Vergleich zu einem belgischen Topteam stehen und wo sich unser Leistungsvermögen befindet. Wenn es so knapp ist, und wir in der zweiten Halbzeit noch lange führen, dann sollte bei einem Aufsteiger wie uns am ersten Spieltag doch die Zufriedenheit überwiegen“, stellte sich bei KTSV-Trainer Philipp Reinertz mehr Stolz als Trotz ein. Ebenso wie Sint-Truiden brauchten auch die Eupenerinnen einige Minuten, um richtig in der Saison anzukommen – wenig verwunderlich nach der langen Pause, das letzte Ligaspiel lag für beide Mannschaft fast ein Jahr zurück. So stellte Sint-Truiden nach zehn Minuten eine 4:1-Führung her, konnte sich aber nicht weiter absetzen. Eupen, das im Abschluss oftmals zu sehr auf die Torhüterin zielte, blieb dran und stellte durch zwei schnelle Tore von Lynn Buerschaper und Chelsea Buttau den 8:9-Anschluss her. In der Halle brandete Jubel auf, der noch lauter wurde, als Kaye Kriescher nach einer Auszeit gar den Ausgleich erzielte (9:9).
Je länger die erste Halbzeit dauerte, desto mehr Selbstvertrauen schöpfte die von der Stimmung getragene KTSV. „Dass wir viele Möglichkeiten haben, wussten wir schon. Seit Mitte der Vorbereitung hat sich abgezeichnet, dass wir auch gegen richtig gute Mannschaften richtig gute Ergebnisse erzielen können. Für uns waren immer zwei Dinge entscheidend: Mit der jetzigen Leistungsfähigkeit brauchen wir Emotionalität und unwahrscheinlich viel Kampfgeist. Auf der anderen Seite war das Thema Körpersprache ganz wichtig. Heute hat man gesehen: Dieses Team ist gewachsen und hat sich gerade in diesen Bereichen weiterentwickelt“, so Reinertz, der sah, wie seine Sieben durch einen sensationellen 5:0-Lauf mit 15:14 in Front ging (27.). Bis zum Pausenpfiff glich Sint-Truiden noch zum 15:15 aus, doch danach sorgten allen voran Buerschaper und Lauranne Beckers für mehrere Drei-Tore-Führungen (18:15, 20:17, 22:19).

Für die zwei Punkte sollte es allerdings nicht reichen, denn am Ende machte die Erfahrung und die individuelle Klasse mehrerer Nationalspielerinnen bei Sint-Truiden den Unterschied aus. Eupen erzielte in den letzten 13 Minuten derweil nur noch zwei Tore. „Klar hatten wir die Möglichkeit, dieses Spiel noch länger ausgeglichen zu gestalten, oder gar für uns zu entscheiden. Aber zum Ende hin sind uns ein wenig die Kräfte ausgegangen. Hinzu kamen zwei Zeitstrafen, die wir mit frischerem Kopf sicher nicht erhalten hätten“, erklärte Reinertz, der seinen Damen aber keinen Vorwurf machen wollte. „Sint-Truiden hat schon viele enge Spiele gegen ähnliche Mannschaften erlebt. Die wussten ganz genau, was zu tun war. Wir nehmen mit, dass wir mit unserem jungen Team auf einem super Weg sind und keine Angst vor irgendwem haben brauchen. Visé, das nächste Topteam, wollen wir nun erneut ärgern. Auch wenn wir nicht meinen dürfen, dass das jedes mal so gut funktioniert wie heute. Wir standen schon am obersten Limit der Leistungsfähigkeit – und die müssen wir uns langfristig erarbeiten.
Reinertz: „Wir haben die Zuschauer komplett abgeholt.“
Mitentscheidender Faktor für die starke KTSV-Leistung Ende der ersten und Anfang der zweiten Halbzeit war die lautstarke Unterstützung der Halle am Stockbergerweg. Zum ersten Mal seit elf Monaten konnten sich die Eupenerinnen auf ihre Fans verlassen. „Für die Mannschaft ist das sicherlich hilfreich. Es ist aber auch so – und das weiß man als Trainer in einem Eupener Klub – dass die Emotionen erst mal von der Mannschaft auf das Publikum überspringen müssen. Und da haben wir einen großartigen Job geleistet“, so Coach Philipp Reinertz. „In der ersten Viertelstunde haben wir die Fans komplett abgeholt, und schon gegen Ende der ersten Halbzeit war der Stockbergerweg ein Tollhaus. Ich kann mich nicht dran erinnern, dass das mal bei einem Herren- oder Damenspiel so früh der Fall war. Das hat die Mannschaft sicherlich ein Stück getragen. Wir haben es geschafft, die Zuschauer direkt mit ins Boot zu holen.“
KTSV Eupen: Mara Fischer, Alexandra Rudi – Kaye Kriescher (3), Juliette Maes (2), Luisa Werner (1), Pauline Pötgen, Lynn Buerschaper (9), Marie Kever, Chelsea Buttau (3), Gella Förster (3), Lauranne Beckers (5), Louise Rouselle, Jodie Nüchtern
Fotos Copyright David Hagemann